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Plagiate im Studium
Onlineressourcen und didaktische Aspekte
Frank Schätzlein
[Überarb. und aktual. Fassung des Beitrags in:
KoOP-News.
Newsletter des Zentrums für Hochschul- und Weiterbildung (ZHW) der
Universität Hamburg. Nr. 4 (Okt. 2006), S. 5-6]
Die große Mehrheit der bislang zur Plagiate-Problematik vorliegenden
Beiträge beschäftigt sich einseitig vor allem mit der Frage, woran sich Plagiate
erkennen lassen und mit welchen Methoden man ‚verdächtige‘ Texte überprüfen
kann - die Hintergründe und didaktischen Aspekte des Themas geraten dabei in
der Regel aus dem Blickfeld. Auch ich selbst habe Plagiate zunächst aus dieser
Perspektive betrachtet, nicht zuletzt weil ich konkrete Hilfe brauchte, um (teil-)plagiierte
Seminararbeiten zu überprüfen. So entstand 2003 eine entsprechende
Anleitung für Lehrende
[1] mit einem umfangreichen und immer wieder aktualisierten
Anhang.[2]
In den vergangenen Jahren wurden zum Teil sehr umfangreiche Websites
eingerichtet, die Informationen und Hilfen zu Plagiaten in Schule und Universität liefern. Zu den wichtigsten Seiten zählen:
- Debora Weber-Wulff: Portal Plagiat,
http://plagiat.htw-berlin.de/
- Debora Weber-Wulff: Fremde Federn finden (46 Lerneinheiten),
http://plagiat.htw-berlin.de/ff/
- Bildungsserver Hessen: Plagiaten auf der Spur,
http://lernarchiv.bildung.hessen.de/medien/recht/plagiate/index.html
- Lernnetz/Bildungsserver Schleswig-Holstein: Schummeln im Internet,
http://www.plagiate.lernnetz.de/index.php?group=0
- muc.kobis/Bildungsserver München: "Digitale Plagiate"
http://www.muc.kobis.de/index.php?id=160
- Bedford/St. Martin's college: The Bedford/St. Martin's Workshop on
Plagiarism,
http://bcs.bedfordstmartins.com/plagiarism/
- 2Learn.ca Education Society - 'Net Know-How': On Plagiarism,
http://www.netknowhow.ca/NKHPLoverview.html
Über die Suche nach und das Enttarnen von Plagiaten hinaus stellt sich die
Frage, warum überhaupt Plagiate entstehen und wie Lehrende mit didaktischen
Mitteln verhindern können, dass es zu solchen Problemen kommt. Zu den
Gründen zählen offensichtlich vor allem mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten
beim wissenschaftlichen
Recherchieren, Schreiben (mit Themenfindung, Gliederungsmöglichkeiten,
Textaufbau, Textsorten, Überarbeitung und Umgang mit Schreibblockaden),
Zitieren, Paraphrasieren und Dokumentieren von Texten sowie das Arbeiten
ohne Zeitmanagement und unter Leistungs- bzw. Konkurrenzdruck.[3]
Um diesen Ursachen auf didaktischem Wege und auf der Ebene des Lehrplans zu
begegnen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: zum einen durch
entsprechende Lehrangebote in der Anfangsphase des Studiums (Seminare,
Workshops und Übungen zu den wissenschaftlichen Arbeitstechniken wie das
Recherchieren, Dokumentieren, Zitieren, Schreiben und Präsentieren), zum
anderen auf didaktischer Ebene durch passende Unterrichtsmethoden innerhalb
der einzelnen fachwissenschaftlichen Lehrveranstaltung.
So absolvieren die Bachelor-Studierenden im Fach ‚Deutsche Sprache und
Literatur’ des Departments Sprache, Literatur, Medien I in der
Einführungsphase des ABK-Bereichs (Allgemeine Berufsqualifizierende
Kompetenzen) zwei Übungen „Effektiv studieren”, in denen die Grundlagen
wissenschaftlichen Arbeitens bzw. Schlüsselqualifikationen für das Studium
der Germanistik und des Unterrichtsfaches Deutsch vermittelt werden.
Im Rahmen fachwissenschaftlicher Seminare wären folgende didaktische Ansätze
und unterrichtsmethodische Verfahren denkbar, um Plagiate zu verhindern oder
(noch besser) den Ursachen des Plagiierens im Vorfeld entgegenzuwirken:
- Die Arbeit mit Fallbeispielen und potentiellen aktuellen Fragestellungen
der wissenschaftlichen Forschung zum Seminarthema.
- Das gemeinsame, exemplarische Arbeiten an einem kurzen wissenschaftlichen
Text. (Wie fange ich an? Wie ist der Text aufgebaut? Welche Anforderungen
gibt es bei unterschiedlichen Textsorten? In welchen Phasen läuft der
Schreibprozess ab? Welchen Stil wähle ich? Welche typischen Probleme
entstehen beim Schreiben und wie kann ich sie lösen? Wie überarbeite ich die
Rohfassung eines Textes?)
- Das Herausarbeiten der Hausarbeitsthemen aus dem Seminarthema und den in
der Lehrveranstaltung entwickelten Fragestellungen aktueller Forschung.
Einerseits sollten die Themen und Fragestellungen möglichst nicht vorgegeben
werden, da ja gerade die Themeneingrenzung bzw. Herausarbeitung einer
brauchbaren Fragestellung oder These eine grundlegende wissenschaftliche
Fähigkeit darstellt, die die Studierenden erlernen sollen; andererseits kann
aber auch das Vorgeben von Hausarbeitsthemen Plagiate ganz gezielt
verhindern.
- Die Auswahl enger Referats- und Seminararbeitsthemen fördern. Gegenüber
breiten, eher allgemeinen Themen, die sich häufig in den Hausarbeitenbörsen
im Internet finden.
- Das Anerkennen der Recherche- bzw. Bibliographierarbeit als eigenständige
Leistung der Studierenden.
- Das Anfertigen einer Bibliographie zur Fragestellung der jeweils geplanten
Seminararbeit durch die einzelnen Seminarteilnehmer(innen). Die
Bibliographie sollte vor dem Beginn des eigentlichen Schreibprozesses
abgegeben werden und die Grundlage der Seminararbeit bzw. schriftlichen
Ausarbeitung bilden.
- Das gemeinsame, sich gegenseitig unterstützende Arbeiten der Studierenden
an den Gliederungen ihrer jeweiligen Seminararbeiten (mit Hilfe einer
Groupware).
- Die gegenseitige Kontrolle, Rückmeldung und Hilfestellung im
Schreibprozess der einzelnen Studierenden durch koordiniertes Arbeiten
innerhalb von kleinen Schreibgruppen, die aus den
Arbeitsgruppen/Referatsgruppen der Lehrveranstaltung entstehen.
- Die Begleitung der Arbeitsphasen Themenfindung, Gliederung und
Literatur-/Materialrecherche durch Lehrende oder Tutoren.
- Die Begleitung des Schreibprozesses mit Hilfestellungen bei
Schreibproblemen und -blockaden in einer ‚Schreibwerkstatt’ oder durch
entsprechend geschulte Tutoren.
- Das konsequente Thematisieren und Dokumentieren des Lern- und
Schreibprozesses (Lerntagebuch oder wissenschaftliches Journal führen).
- Der Einsatz des Internets bzw. der E-Medien in der Lehrveranstaltung als
wichtige (‘selbstverständliche’) Quelle für wissenschaftliche Texte und
Materialien. Dabei muss auch die Quellenanalyse und -bewertung von
Onlinetexten zum Thema der Lehrveranstaltung gemacht werden (auch schlechte
oder unbrauchbare Texte aus dem Internet sollten kritisch unter die Lupe
genommen werden, um zu erörtern, weshalb solche Materialien nicht als
Quellen wissenschaftlicher Arbeit taugen; ebenso könnten Hausarbeitenbörsen
als zum Teil problematische Quellen für wissenschaftliche Schreibaufgaben
thematisiert werden).
Die Vorschläge für didaktische Maßnahmen gegen Plagiate im Studium zeigen,
dass im Umgang mit den studentischen Schreibaufgaben gegenwärtig noch viele
zu erprobende Handlungsmöglichkeiten bestehen, umplagiierte oder
teilplagiierte Seminararbeiten zu verhindern. Über Rückmeldung und
Erfahrungsberichte zum Thema und zu den unterrichtsmethodischen Vorschlägen
würde ich mich freuen.
Anmerkungen
[1] Vgl. Frank Schätzlein:
Studentischer Trendsport 'Copy-and-paste'. Plagiate erkennen, überprüfen und
verhindern. In: ZWO. E-Journal des Instituts für Germanistik II der
Universität Hamburg. Nr. 2 (Sommersemester 2003). Siehe
aktualisierte Fassung auf dieser
Seite.
[2] Vgl. Frank Schätzlein (Zusst.): Plagiate an
der Schule/Universität. Literaturliste und Links. 2003 ff. URL:
http://www.frank-schaetzlein.de/biblio/plagiat-links.htm.
[3] Vgl. Debora Weber-Wulff: Fremde Federn finden.
Kap. 3.1: Warum wird plagiiert? URL:
http://plagiat.fhtw-berlin.de/ff/schule/3_1/warum (Stand: 12.1.2008).
Studentischer Trendsport
'Copy-and-paste'
Plagiate erkennen, überprüfen und verhindern
Frank Schätzlein
Aktualisierte Fassung (3/2011) eines Beitrags in: ZWO. E-Journal des Instituts für
Germanistik II der Universität Hamburg. Nr. 2 (Sommersemester 2003). URL:
http://www.rrz.uni-hamburg.de/zwo/test/2archiv/2aktuell/Thema/schwerpunkt03/schaetzlein.html,
22.07.2003
Bitten lesen Sie zuerst den neueren Beitrag
"Plagiate im Studium. Onlineressourcen
und didaktische Aspekte" (siehe oben). In: KoOP-News. Newsletter des
Zentrums für Hochschul- und Weiterbildung (ZHW) der Universität Hamburg. Nr.
4 (Oktober 2006), S. 5-6
(pdf-Version).
Inhalt:
0. Einleitung
1. Plagiate an der Universität
2. Textmerkmale
3. Recherche im Internet
3.1 Allgemeine Volltext-Suchmaschinen
Exkurs: Phrasensuche oder Boolesche
Operatoren
3.2 Kommerzielle Suchdienste und -Software
für Plagiate
3.3 Meta-Suchmaschinen für
Hausarbeiten-Datenbanken
3.4 Datenbanken für Hausaufgaben, Referate,
Seminar- und Examensarbeiten
3.5 Hausarbeiten auf CD-ROM
3.6 E-Medien
3.7 Zeitungs- und Zeitschriftenarchive
4. Plagiate erschweren oder verhindern - ein
Ausblick
5. Anmerkungen
Anhang: Literaturliste und
Links
Egal ob Spiegel, Focus, Die Zeit,
FAZ, SZ, Die Welt, Tagesspiegel oder NZZ
- fast alle großen Zeitschriften, Zeitungen, Online-Dienste und
Wissenschaftsmagazine des Hörfunks haben im vergangenen Jahr über die mit
Hilfe von einschlägigen Internetdiensten plagiierten Seminar- und
Examensarbeiten berichtet. Die regelmäßige Berichterstattung der Presse
begann im Sommer 1999, als die BBC meldete, dass neunzig Studierende der
Computerwissenschaft an der Edinburgh University verdächtigt wurden, ihre
Prüfungsarbeiten aus dem Internet kopiert zu haben.
1. Plagiate an
der Universität
Im Mittelpunkt der Presseberichte stehen seither vor allem die Online-Börsen
für Hausaufgaben, Referate, Seminar- und Examensarbeiten, aber auch Fragen
des Urheberrechts (im Internet), der Wissenschaftsethik und Forschungspraxis
(Internet-Publikationspflicht für öffentlich geförderte Arbeiten). Vor allem
SPIEGEL ONLINE hat sich in einer ganzen
Reihe von Beiträgen mit dem Thema befasst. Ende des vergangenen Jahres
erschien in der Rubrik
UniSPIEGEL der vierte und vorerst letzte Teil einer Artikelreihe von
Debora Weber-Wulff, Professorin für Medieninformatik an der Fachhochschule
für Technik und Wirtschaft Berlin, mit dem Titel "Eine Professorin auf
Plagiat-Jagd".[1] Weber-Wulff ist durch
ihre Online-Texte zur Plagiat-Problematik innerhalb kurzer Zeit zur
gefragten Expertin geworden. Aber auch andere Hochschullehrer und Verbände,
z. B. Wolfgang Krohn (Universität Bielefeld), Karsten Weber
(Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder) und der Deutsche
Hochschulverband, haben inzwischen ihre Erfahrungen, Ratschläge und
Resolutionen zum Thema veröffentlicht.[2]
Wer ist Schuld an der dem Anschein nach zunehmenden Zahl zusammenkopierter
Referate und Seminararbeiten? Sind es die computerbasierten Medien?
Plagiierende Schüler, Studierende und Wissenschaftler hat es immer gegeben
und es wird sie - auch ohne das Internet und die Hausarbeiten-Börsen -
weiterhin geben, weil der Konkurrenzdruck wächst und sich die Menge der
Publikationen, die als Quellen zur Verfügung stehen, immer weiter vergrößert
und auch von Fachleuten kaum noch überblickt werden kann. Allerdings haben
die elektronischen On- und Offline-Medien (Internet und CD-ROM) es den
schummelnden Autoren noch einfacher gemacht: Die Texte bzw. Textbausteine
müssen nicht einmal mehr abgetippt werden, sie können am Computer einfach
per "Copy-and-paste"-Befehl aus dem Original in das eigene Manuskript
hineinkopiert werden. Doch nicht nur aufgrund dieser Arbeitserleichterung
ist das Internet als Quelle so beliebt. Auch das riesige - aber durch
entsprechende Suchmaschinen bestens indexierte - Angebot von zumeist
kostenlosen Beiträgen der Textsorte Seminararbeit oder Referat ist sehr
verlockend. Und letztlich ist es sicher insbesondere die Annahme, die
Lehrenden an der Schule und Universität seien nicht fähig oder zumindest zu
beschäftigt, um die Originaltexte im Internet zu finden und die Plagiate zu
enttarnen, die die Schüler und Studenten zum Schummeln verleitet.
Als Textvorlagen für die gefälschten Arbeiten dienen jedoch nicht nur die
Datenbanken für Uni-Hausarbeiten, sondern alle wissenschaftlichen oder
zumindest halbwegs sachlichen Texte im Internet: Aufsätze, Artikel aus
Zeitungsarchiven, digitalisierte Buchpublikationen, Online-Ausgaben von
Fachzeitschriften, elektronisch publizierte Dissertationen, Beiträge aus
Newsgroups oder fachspezifischen Mailinglisten usw. Gerade deshalb ist es
wenig sinnvoll, zuerst in den zahlreichen Internetarchiven für
Seminararbeiten nach den Originaltexten zu suchen. Viel besser (und vor
allem schneller und einfacher!) ist es, die Recherche mit Hilfe einer
universellen Volltext-Suchmaschine oder eines auf die Plagiat-Suche
spezialisierten Onlinedienstes zu beginnen.
Aber an welchen Merkmalen lassen sich Plagiate gegebenenfalls erkennen? Wie
findet man die entsprechenden Quellen und Originaltexte im Internet? Welche
Online-Dienste helfen beim Erkennen von Plagiaten? Lässt sich das Plagiieren
erschweren oder sogar verhindern? Diese Fragen sollen in den folgenden
Kapiteln des Beitrags beantwortet werden.[3]
2. Textmerkmale
Die (Teil-)Plagiate unter den eingereichten Seminararbeiten lassen sich
häufig beim für solche Schummeleien sensibilisierten Korrekturlesen schnell
erkennen. Fast alle hier genannten Textmerkmale habe ich in teilplagiierten
Seminararbeiten aus einer Lehrveranstaltung im Sommersemester 2002
tatsächlich wiederfinden können, viele gelten nicht nur für Kopien aus dem
Internet, sondern auch für Übernahmen aus Büchern und Zeitschriften.
Weber-Wulff nennt in ihren Ratschlägen für Professor(inn)en vor allem
folgende Kennzeichen:
- Stilwechsel (von Abschnitt zu Abschnitt oder Kapitel zu Kapitel Wechsel
zwischen parataktischem und hypotaktischem, ‚objektivem' und ‚subjektivem'
Stil und zwischen Nominal- und Verbalstil, Wechsel zwischen brillant und
schlecht/unverständlich formulierten Passagen);
- wechselnde Fehlerhäufigkeit (Rechtschreibung, Zeichensetzung und
Grammatik);
- uneinheitliche Kapitel- oder Zwischenüberschriften (Wechsel zwischen
Stichworten, Phrasen, rhetorischen Fragen oder anderen Formen);
- ein "inhaltlicher Flickenteppich" (auf der Ebene der gesamten Arbeit oder
auch innerhalb einzelner Kapitel), eventuell ein Hinweis auf ein
"Misch-Plagiat";
- auffällige und wiederkehrende Tippfehler (z. B. in Fachbegriffen oder
Eigennamen), sie eignen sich sehr gut als Suchbegriffe für
Internetsuchmaschinen;
- wechselnde Formatierungen (Standardschriftart, Zeilenabstand, Formatierung
der Überschrift, Textausrichtung und Wechsel zwischen ‚geraden' und
‚typographischen' Anführungszeichen und den ‚französischen' Winkeln).
Karsten Weber fügt dem zwei Punkte hinzu:
- "Literaturliste: Wurde Literatur benutzt, die im Seminar angeboten,
besprochen oder auch gefordert wurde? Wenn die Literaturliste völlig
überschneidungsfrei zur empfohlenen Literatur ist, kann dies ein Hinweis auf
ein Plagiat sein.
- Insiderwissen: Werden in Hausarbeiten Details genannt, die im Allgemeinen
nur wissenschaftlichen Insidern bzw. Fachleuten bekannt und gleichzeitig die
Quellenangaben unscharf und ungenau sind oder fehlen sie gar, kann dies
wiederum ein Hinweis auf ein (Teil-)Plagiat sein."[4]
Bei den mir zur Korrektur vorlegten Teilplagiaten waren darüber hinaus
weitere Aspekte auffällig:
- häufige, unsinnige Unterstreichungen (der Text wurde per "Copy-and-paste"
von einer HTML-Seite übernommen, bei der die Hyperlinks dem Standard
entsprechend unterstrichen sind - beim Kopieren mit moderner Office-Software
wird diese Link-Formatierung übernommen und findet sich dann - wenn man sie
nicht löscht - im Manuskript wieder);
- eine ‚antiquierte' Diktion (so wurden z. B. bei einer Seminararbeit
mehrere Absätze aus einem Fachbuch aus den fünfziger Jahren abgeschrieben);
- die einem Kapitel zugrunde liegende chronologische Ordnung wird am Ende
durchbrochen (das Kapitel war zu kurz oder unvollständig und wurde deshalb
durch einen Textbaustein aus einer fremden Arbeit ergänzt, die
chronologische Abfolge der Inhalte wurde dabei jedoch nicht beachtet);
- das Aufblasen der Textmenge einer viel zu kurzen Seminararbeit durch
mehrere aus fremden Texten kopierte Grundlagen-Kapitel (Definitionen,
historische Einordnung, Zusammenfassungen u. ä.), die jedoch gar nicht zum
relativ speziellen Thema/Titel der Arbeit passen.
Mein Eindruck ist: Besonders die (im Sinne des Urheberrechts) scheinbar
weniger wichtigen Textelemente - wie z. B. Kapitelüberschriften,
Verzeichnisse/Aufzählungen, Tabellen, Literaturlisten, Abbildungen,
Diagramme u. ä. - werden bedenkenlos wörtlich bzw. direkt übernommen, ohne
die Quelle(n) anzugeben.
3. Recherche im Internet
Um (Internet-)Plagiate zu enttarnen und die Quellen und Originaltexte einer
kopierten Seminararbeit im World Wide Web zu finden, reicht in der Regel
eine Recherche mit Hilfe von Suchmaschinen und speziellen Onlinediensten.
Wenn ein Plagiat vorliegt bzw. ein kopierter Onlinetext gefunden wurde,
sollte die Quelle notiert und das Ergebnis
dokumentiert werden: Internetadresse an den Seitenrand der Seminararbeit
schreiben, Bookmark setzen und/oder den Seiteninhalt mit Adresse und Datum
abspeichern, z. B. mittels eines Offline-Readers.
Benutzen Sie als erste Suchmöglichkeit immer zuerst die
Phrasensuche bei www.google.de,
www.alltheweb.com oder
www.ez2www.com (Metasuche) - sollte es
im Internet einen frei zugänglichen Text mit einer entsprechenden Wortfolge
geben, ist er wahrscheinlich schnell gefunden.
3.1 Allgemeine Volltext-Suchmaschinen
Unter den universellen Volltext-Suchmaschinen des Internets sind die Dienste
www.google.de und
www.alltheweb.com zur Zeit die erste
Wahl. Warum liefern diese Suchroboter so gute Ergebnisse? Sie greifen
einerseits auf einen außerordentlich großen Datenbestand zurück (bei Google
bislang 3.083.324.652 Internetseiten), andererseits können sie nicht nur die
üblichen HTML-Seiten, sondern auch die speziellen Dateiformate für
Textverarbeitung (.doc und .rtf), Präsentation (.ppt) und Desktop-Publishing
(.pdf) durchsuchen, die meist für die Bereitstellung von Fachaufsätzen,
wissenschaftlichen Publikationen und Seminararbeiten im World Wide Web
verwendet werden: Google unterstützt die Suche in DOC-, RTF-, PPT- und
PDF-Dateien, Alltheweb immerhin das DOC- und PDF-Dateiformat. Zusätzlich
kann man mit der Funktion "Im Archiv" auf der Google-Ergebnisseite auch
ältere Internettexte, die inzwischen nicht mehr online sind, aus einem
"Link-Cache" holen und sich weiterhin anzeigen lassen.
Für die Sucheingabe sollten zunächst charakteristische Wortfolgen - Phrasen
mit mindestens fünf bis sieben (eher selten benutzen) Wörtern - aus dem Text
der ‚verdächtigen' Seminararbeit gewählt werden (Wortfolge in
Anführungszeichen setzen). Erst wenn sich auf diese Weise keine
Suchergebnisse erzielen lassen, wird die Recherche mit einzelnen
(Fach-)Wörtern oder Wortkombinationen fortgesetzt.
Phrasensuche oder Boolesche
Operatoren
Die Phrasen- bzw. Stringsuche wird durch doppelte Anführungszeichen am
Anfang und Ende der Wortfolge oder das Auswählen der Checkbox "exact phrase"
aktiviert. Bei der Eingabe mehrerer Wörter verwenden die meisten Suchroboter
automatisch die "AND"-Verbindung zwischen den Suchbegriffen (alle Wörter
müssen im Dokument vorkommen). Das Verwenden von so genannten Stoppworten
wie "und", "oder", "der", "de", "com" usw. sollte vermieden werden - muss
ein Stoppwort hingegen unbedingt im Dokument enthalten sein, wird dieses bei
Google mit einem "+"-Zeichen ohne Leerzeichen markiert, z. B. "+com". Für
die Kombination der gesuchten Worte kann man das Menü "Erweiterte Suche"
oder die gebräuchlichen Booleschen Operatoren ("AND", "OR", "NOT", "+", "-"
u. a.) verwenden. Vorsicht: Viele Suchmaschinen unterstützen keine als
"Wildcards", "Joker" oder Trunkierungszeichen bezeichneten Symbole wie "*"
oder "$".
Zwei ausgezeichnete Alternativen zu den Suchdiensten Google und Alltheweb
sind die Metasuchmaschinen www.ez2www.com
und www.metager.de. So ermöglicht der
ez2www-Roboter zur Zeit mit einer einzigen Abfrage die parallele Suche im
Datenbestand von Google, Alltheweb und anderen sehr leistungsfähigen
Suchmaschinen. Sollte man keine Treffer bekommen, kann die Suche auch noch
bei www.lycos.de oder
www.altavista.de fortgesetzt werden.
Obwohl www.yahoo.de ursprünglich keine
Suchmaschine, sondern ein redaktionell aufbereitetes Internet-Verzeichnis
ist, kann inzwischen sowohl die Phrasen- als auch die Einzelwortsuche
erfolgreich sein, da die Suche nach der Abfrage des Verzeichnisses
("Kategorien") an eine externe Volltext-Suchmaschine ("Web-Sites")
weitergeleitet wird. Für die Suche nach Texten in (deutschsprachigen)
Newsgroups bietet sich die Google-Variante
http://groups.google.de und das Verzeichnis
www.newsgroup.de an.
Grundlagen-Informationen zur Internet-Recherche und Bedienung von
Suchmaschinen finden sich unter
www.suchfibel.de,
www.recherchefibel.de,
www.polarluft.de,
www.suchmaschinen-web.de und
www.at-web.de.
3.2 Kommerzielle Suchdienste und -Software für
Plagiate
Für eine sehr professionelle Suche nach Plagiaten bieten sich kommerzielle
englischsprachige Onlinedienste an, die auch in Deutschland von
Professor(inn)en, Bildungseinrichtungen und Verlagen erfolgreich verwendet
werden, z. B. www.turnitin.com
("Solutions for a new era in education") und
www.plagiarism.org (mit kostenlosem
Testzugang und Tarifen für Einzelpersonen, Schulen, Fachbereiche von
Hochschulen). Weitere Informationen zu solchen Programmen und Suchdiensten liefern die Tests von Debora Weber-Wulff, im neuesten Test (2010) empfiehlt die Autorin die folgenden Dienste als "teilweise nützlich": - PlagAware (Testbericht) - Turnitin (Testbericht) - Ephorus (Testbericht) - PlagScan (Testbericht) - Urkund (Testbericht)
3.3 Meta-Suchmaschinen für Hausarbeiten-Datenbanken
Für die parallele Suche in mehreren Online-Angeboten für Hausarbeiten (siehe
unten) kann auf spezialisierte Meta-Suchmaschinen zurückgegriffen werden.
Sie ermöglichen jedoch oft weder eine Volltextsuche noch die Verwendung von
logischen Operatoren oder Platzhaltern.
- www.homeworxx.de
- www.kosh.de
- www.schuelerweb.de (zur Zeit nicht
mehr erreichbar, 6.2.2005)
- www.gute-noten.de (keine
Suchmaschine, sondern eine kleine Link-Liste)
3.4 Datenbanken für Hausaufgaben, Referate, Seminar-
und Examensarbeiten
Die bekanntesten Quellen für aus dem Internet kopierte Seminararbeiten sind
entsprechende Online-Datenbanken und -Börsen wie beispielsweise
www.hausarbeiten.de (www.grin.de). Der Umfang solcher Angebote ist
erstaunlich, so bietet hausarbeiten.de zu 307 Themenbereichen mittlerweile
16992 kostenfreie und 9782 kostenpflichtige Beiträge an (Stand: Mai 2003),
informiert gleichzeitig aber auch über wissenschaftliche Zitiertechnik,
Schreib- und Arbeitsmethodik und warnt dabei vor dem Anfertigen von
Plagiaten. Viele dieser Datenbanken verfügen ebenfalls über eine
Volltextsuche. Die Betreiber von hausarbeiten.de bieten Professor(inn)en in
Einzelfällen zusätzliche Hilfe bei Überprüfung verdächtiger Seminararbeiten
an.[5] Dies ist besonders zu begrüßen,
weil viele der dort angebotenen guten Seminararbeiten nur noch gegen
Bezahlung heruntergeladen werden können und man somit nicht mehr gratis im
Volltext dieser Arbeiten suchen kann - die Überprüfung von Plagiaten und
Suche nach den Quellen wäre eine kostenintensive Aufgabe. Archive und
Verzeichnisse finden sich unter anderem unter folgenden Internetadressen:[6]
- www.hausarbeiten.de/www.grin.de (zum Teil kostenpflichtig)
- www.fundus.org
- www.student-online.de
- www.unicum.de (nutzt hausarbeiten.de
bzw. diplom.de, zum Teil kostenplichtig)
- www.unifuchs.de (kostenpflichtig)
- www.phoenix-witra.de
(kostenpflichtig)
- www.diplomarbeiten24.de
(kostenpflichtig)
- www.diplom.de bzw.
www.diplomarbeiten.de
(kostenplichtig)
- www.referate.de (zum Teil
kostenplichtig)
- www.cheatweb.de bzw.
www.young.de (kostenpflichtig, zusätzliche
Telefonkosten!)
3.5 Hausarbeiten auf CD-ROM
Hausarbeiten gibt es nicht nur im Internet, sondern auch offline auf
Datenträger, so z. B. die CD-ROM Hausaufgaben und Referate, Version 4.0, von
referate.de (Vorsicht: mit Dialer!). Eine weitere Software dieser Art ist
Pauker Schreck, Version 4.0. Auf der Homepage (cheatweb.de mit zusätzlichen
Telefonkosten) zu diesem Produkt ist zu lesen: "Hausaufgaben machen ist out
- Abrufen, Bearbeiten, Kopieren, Ausdrucken und Abgeben ist in! Pauker
Schreck 4.0 enthält mehr als 8.000 fertige Arbeiten zu tausenden von
Themengebieten aus allen gängigen Schulfächern. Ob Referat, Hausarbeit,
Hausaufgabe oder Facharbeit - insgesamt ca. 40.000 Seiten Text! [...] Das
ist das Ende der Hausaufgaben-Quälerei!"
3.6 E-Medien
Eine wichtige Quelle für wissenschaftliches Arbeiten, aber eben auch für das
Plagiieren, sind die so genannten E-Medien: elektronische bzw. zusätzlich
online publizierte Fachzeitschriften und Dissertationen. Ein guter
Ausgangspunkt für die Recherche in solchen Internetangeboten ist die
E-Medien-Rubrik der Staats- und Universitätbibliothek Hamburg (www.sub.uni-hamburg.de/emedien/).
Eine Volltextsuche in den zumeist als HTML- oder PDF-Datei abgelegten
Dokumenten ist auch über die allgemeinen Suchmaschinen wie Google oder
Alltheweb (siehe oben) möglich.
3.7 Zeitungs- und Zeitschriftenarchive
Abschließend sei auch noch auf die kommerziellen Zeitungs- und
Zeitschriftenarchive hingewiesen: GBI (www.gbi.de),
Medienport/Dokumentations- und Informationszentrum München (www.diz-muenchen.de), Genios
Presse-Center (www.genios.de) und Gruner
+ Jahr PresseDatenBank (www.pressedatenbank.guj.de).
Diese Archive bieten sowohl eine Suche nach Phrasen/Wortgruppen (mit
doppelten Anführungszeichen) als auch nach Einzelwörtern und
Wortkombinationen (Verknüpfung mit Booleschen Operatoren) anbieten.
4. Plagiate
erschweren oder verhindern - ein Ausblick
Es kann natürlich nicht nur darum
gehen, Plagiate zu erkennen und zu dokumentieren - im Mittelpunkt der
Bemühungen sollte vor allem die Aufklärung über wissenschaftliche Regeln,
Standards und Arbeitstechniken stehen. Um Plagiate von vornherein zu
erschweren oder sogar zu verhindern, ist es offenbar notwendig, im
Grundstudium noch mehr über solche Themen zu sprechen: Zitiertechnik,
Plagiate, Bibliographieren, wissenschaftliche Arbeitsmethodik usw. Dabei
sollten nicht nur Fragen der formalen und inhaltlichen Gestaltung von
Seminar- und Examensarbeiten eine Rolle spielen, auch
Schreibprobleme/-blockaden und der Vorgang des Schreibens selbst müssen
thematisiert werden. Vielleicht sind auch entsprechende Seminarangebote -
nach dem Vorbild der Veranstaltungen des Hamburger ZSPB und IZHD - zu den
Bereichen Studien- und Arbeitsmethodik und kreatives (wissenschaftliches)
Schreiben erforderlich.
Aber auch andere Maßnahmen könnten das Plagiieren eindämmen: Die Lehrenden
sollten
- sich bei hausarbeiten.de und anderen Internetanbietern (siehe oben) einen
Überblick über die für ihr Fach/Seminarthema angebotenen Hausarbeiten,
Referate und Klausuren verschaffen;
- auch Texte aus dem Internet für ihre Seminare verwenden (auf diese Weise
erkennen die Studierenden, dass auch dieses Material den Dozenten
selbstverständlich bekannt ist und aus dem Netz kopierte Texte und
Textbausteine deshalb schnell von ihnen als Plagiat erkannt werden können);
- relativ 'enge' Themen für Seminararbeiten bevorzugen bzw. relativ
spezielle Themen formulieren/vorgeben (denn vor allem bei ‚breiten'
Grundlagenthemen und freier Themenwahl ist ein hoher Anteil von plagiierten
Kapiteln oder kompletten Hausarbeiten zu befürchten);
- sich, wenn möglich, vor der Niederschrift einer Arbeit die Gliederung
vorlegen lassen und
- versuchen, die Vorbereitung und Anfertigung von Seminar-/Examensarbeiten
stärker zu begleiten und die Zwischenschritte gegebenenfalls zu
kontrollieren.
Der Verzicht auf das Anfertigen von schriftlichen Seminararbeiten für den
Leistungsnachweis, wie er in anderen Fächern gefordert wird, ist keine
Lösung. Und auch das Schreiben von Klausuren ist keine wirkliche
Alternative, denn die Arbeits- und Prüfungsform Klausur entspricht weder der
wissenschaftlichen Arbeitsmethodik in der Sprach-, Literatur- und
Medienwissenschaft noch den Anforderungen in anderen zukünftigen
Berufsfeldern der Studierenden.
Wenn die Plagiat-Problematik in den Seminaren offen angesprochen wird und
die Studierenden erkennen, dass auch die Professor(inn)en mit Google & Co.
umgehen können und die bei hausarbeiten.de angebotenen Texte zu ihren
Seminarthemen kennen, wird die Zahl der (teilweise) aus dem Internet
kopierten Hausarbeiten sicher wieder abnehmen.
5. Anmerkungen
[1] Vgl. die Beiträge von Debora Weber-Wulff: Eine
Professorin auf Plagiat-Jagd. Spiegel Online (Teil 1: 06.11.2002, URL:
www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,221507,00.html; Teil 2:
11.11.2002, URL:
www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,222156,00.html; Teil 3:
20.11.2002, URL:
www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,223477,00.html; Teil 4:
20.12.2002, URL:
www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,227828,00.html, Stand:
22.07.2003); Aufdeckung von
Plagiaten: Suchen im Internet für Lehrkräfte. URL:
www.f4.fhtw-berlin.de/~weberwu/papers/plagiat.shtml (Stand: 22.07.2003); Schummeln mit dem
Internet? Praxistipps aus der Sicht einer Professorin. In: c't (2002). H. 1.
S. 64-69.
[2] Vgl. Wolfgang
Krohn, Corinna Schlombs und Niels Christian Taubert: Plagiierte
Hausarbeiten. Problemlage und Lösungsvorschläge für die Universität
Bielefeld. URL:
www.uni-bielefeld.de/iwt/gk/profs/krohn/plagiate/ (Stand: 22.07.2003); Karsten Weber:
Hausarbeiten und Referate aus dem Internet - Plagiate an der Universität.
URL:
www.phil.euv-frankfurt-o.de/download/Plagiate.pdf (Stand: 22.07.2003); Deutscher
Hochschulverband: Zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in der
Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden. URL:
www.hochschulverband.de/presse/plagiate.pdf (Stand: 22.07.2003), siehe hierzu auch
www.hochschulverband.de/presse/pm1102.htm (Stand: 22.07.2003).
[3] Unter
http://www.frank-schaetzlein.de/biblio/plagiat-links.htm finden sich
ergänzende Informationen: ein Literaturverzeichnis zum Thema und eine Liste
mit Links zu den entsprechenden Suchmaschinen, Datenbanken und
Internetdiensten.
[4] Karsten Weber:
Hausarbeiten und Referate aus dem Internet. Siehe Anm. 2, hier S. 3.
[5] Siehe hierzu
www.hausarbeiten.de/anleitung/anleitung.shtml#3 (Stand: 22.07.2003).
[6] Für weitere
Links zu deutsch- und englischsprachigen Datenbanken und Börsen mit
Hausaufgaben, Referaten, Seminar- und Examensarbeiten siehe
http://www.frank-schaetzlein.de/biblio/plagiat-links.htm#HA_Datenbanken.
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